BFKDO Amstetten

Amstettner Feuerwehr-Chronisten

„Wir haben viele ,Schätze‘ in unserem Archiv – 11.000 Berichte über Einsätze und 19.549 eingescannte Fotos in der Größenordnung von 60 Gigabyte. Alles wird am Laufenden gehalten!“ Das berichtet der Arbeitsgruppe der Chronisten der Freiwilligen Feuerwehr Amstetten, die sich seit 20 Jahren regelmäßig einmal im Monat dienstags trifft beim Besuch von Stefan Schaub, Abschnittsfeuerwehrkommandant von Amstetten-Stadt. Selbst die ältesten Mannschaftsfotos der 1868 gegründeten Feuerwehr – Kommandant war damals Johann Radinger – können zugeordnet werden. „Nur bei einer Person haben wir das nicht geschafft“, erzählen die akribisch arbeitenden Feuerwehr-Männer. Und: Es gebe weitere „Gusto-Stückerl“! Ins Leben gerufen wurde die Arbeitsgruppe vom früheren Nationalratsabgeordneten Günter Kiermaier Sen., federführend sind jetzt Werner Hoffer und Rudi Enengel.

Schaub sagte beim Besuch, das Wissen um die Vergangenheit sei wichtig, auch um zu erkennen, wo man in der Zukunft stehen will! Die Amstettner Feuerwehr-Geschichtsforscher ergänzen: „Die Feuerwehr gab es schon vor über 100 Jahren, sie wird es auch in 100 Jahren geben, wir sind nur ein Glied in dieser Kette.“ Das Wunderbare sei somit, dass Feuerwehr ein Generationen übergreifendes Thema sei.

Lückenlose Dokumentation

Eine Besonderheit ist die – als eine der ganz wenigen österreichweit – erhalten gebliebene lückenlose Feuerwehr-Dokumentation! Andernorts wurden zum Beispiel die Unterlagen zu Ende des Krieges vernichtet, weil möglicherweise belastendes Material für leitende Funktionäre vorhanden war! In Amstetten wurden die gesamten Aufzeichnungen dieser Zeit, darunter das legendäre „Kneip-Buch“ von einem mutigen Feuerwehrmitglied gerettet. 

Bei einer Frage sind sich die historisch interessierten Feuerwehr-Männer ziemlich einig. Was war in der langen Geschichte jener Brand in der Region, der am besten in Erinnerung blieb? „Der Rauscher-Brand!“, kam rasch zur Antwort. Die meisten Mitglieder des Historiker-Kreises waren am 19. Jänner 1963 in Neufurth selber dabei und können viel darüber erzählen. In Erinnerung ist vielen, auch jetzt noch aktiven Feuerwehrleuten des ganzen Bezirks sicherlich auch der Neusiedler-Brand vom Mai 2000, bei dem tagelang ein Hochregallager in Hausmening gelöscht werden musste.

Aber auch von viel früheren Einsätzen können die Herren berichten: „Am 7. April 1875 war der erste Großbrand, zu dem die FF Amstetten ausgerückt ist: nämlich jener in Blindenmarkt. Nach einer mühsamen Anfahrt mit der Eisenbahn kam auch die FF St. Pölten zu Hilfe, mit vereinten Kräften wurde die Kirche gerettet.“ Bei der Ankunft der Feuerwehr standen 52 Häuser in Flammen. Am 7. Juni 1877 wurden in Amstetten 69 Häuser ein Raub der Flammen, auch das wurde dokumentiert. Neben zahllosen weiteren, oft dramatischen Einsätzen – wie Hochwasser oder schwere Verkehrsunfälle – zeigen die Eintragungen in der Chronik viele Ereignisse, welche auch das gesellschaftliche Leben in Amstetten prägt: etwa die Teilnahme oder Organisation großer Feierlichkeiten. „Feuerwehr sei nicht nur Brandbekämpfung, sondern ist auch ein wesentlicher Gesellschaftsfaktor in der Gemeinde.

Uraltes Wissen erhalten

Die vorhandenen Aufzeichnungen reichen weit vor der offiziellen Gründung zurück: So wurde erforscht, dass 1799 eine Feuerspritze-mit Spenden von der Vogtherrschaft Seisenegg und der Kirche erworben wurde. Auch in der Chronik zu finden: Das Feuerlösch Depot in der Rathausstraße entstand und war bis 1897 in Verwendung. Oder ein anderes Beispiel: eine Liste aus dem Jahr 1862 mit den vorhandenen Geräten ist noch erhalten.

Federführend sei die FF Amstetten aber auch mit der Gründung der Feuerwehr-Jugend vor über 50 Jahren gewesen, mehrere Amstettner Feuerwehrmitglieder leisteten dabei auf Landesfeuerwehrebene Aufbauarbeit. Dass die Jugendlichen von früher bereits gut ausgebildet wurden, davon profitiert die Feuerwehr Amstetten auch heute noch, weil genau diese Personen Führungsaufgaben wahrnehmen. Und auch das ist ein wichtiges Stück Stadtgeschichte!

Natürlich geht es heute in einer Feuerwehr nicht mehr ohne Frauen. So haben auch die Chronisten einer Dame besonders viel zu verdanken: Elisabeth Schimak hat viele, viele Seiten an Brandberichten und Protokollen, die in Kurrentschrift verfasst und schwer lesbar waren, in den PC getippt. „In einigen Jahren könnte das kaum noch wer lesen und wir bräuchten teure Experten dafür“, sind sich die Kameraden einig.

Sie wissen aber auch um eine Veränderung der Mentalität innerhalb der Feuerwehr in all den Jahren zu berichten. Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Ton in der Feuerwehr noch „militärischer“, vor allem gegenüber jungen Mitgliedern – den sogenannten Pimpf! Mit Franz Gerlinger, der 1944 beitrat und allgemein als „Gentleman“ bezeichnet wird, hielt ein freundschaftlicher Umgang Einzug in das Feuerwehrwesen. Respekt zwischen den Generationen der Feuerwehr ist den Chronisten ganz wichtig, betonen Hoffer, Enengel, Kiermayer und die Mitglieder der Arbeitsgruppe. Der Schmäh läuft jedenfalls bei den langdienenden Feuerwehrleuten und viele Anekdoten zeigen, wie schön die Mitgliedschaft in der Feuerwehr sei.

Appell, Fotos einzuscannen

Stefan Schaub würdigt die Arbeit der Feuerwehr-Historiker. Er appelliert an alle Feuerwehren, ihre Fotos einzuscannen und zu dokumentieren, solange sie noch auf die Erinnerung älterer Feuerwehrleute zurückzugreifen können, die diese Dokumente noch korrekt einordnen können. „Es steckt unendlich viel Arbeit dahinter und es ist angedacht, die Berichte und Fotos in einem landesweiten Archiv auch anderen Feuerwehren zur Verfügung zu stellen.“ Das wünscht sich auch das Team um Werner Hoffer und Rudi Enengel, die ihre „Schätze“ gerne teilen. 


Originalauszug von Einsatzberichten:

1. Bericht

Zu dem am 12. April des Jahres um halb ein Uhr nachts von der Freiwilligen Feuerwehr Viehdorf telefonisch gemeldeten und herauf durch unsern Hornisten signalisierten Brand zweier Häuser in Zapling, rückten unter dem Kommando des Zeugwartes Hrb und 5 Mann mit Landfahrspritze raschestens dorthin ab. Blieben durch drei Stunden in angestrengter Tätigkeit und rückten herauf um fünf Uhr früh mit Geräten ein. 

Hans Weißkopf, Schriftführer

2. Bericht

Am 26. September 1899, Brand eines Kleinhauses in Winklarn. Die Feuerwehr wurde alarmiert. Es konnte jedoch wegen der durch das Hochwasser abgerissenen Ybbsbrücke nicht ausgefahren werden. Einige Feuerwehrmänner fuhren per Rad zum Brandobjekt und entwickelten dort eine Tätigkeit von zwei Stunden. 

Hans Weißkopf, Schriftführer

3. Bericht

Am 8. Oktober 1899, sechs einviertel Uhr abends, Brand in Amstetten dreier Objekte, drei Stadeln. Die beiden Feuerwehren Stadt und Bahn wollten sich eben nach der stattgehabten Haupt- und Schlußübung bei einem Glase Stopf gütlich tun, als der Kamerad Ripka mit dem Rufe eintrat: “Kameraden der Schmidl-Stadl brennt”. Sämtliche Kameraden der beiden Feuerwehren brachen sofort auf, um ihre Geräte zu holen und in einigen Minuten waren die Löschzüge am Brandplatz. Entwickelten ihre Geräte und griffen wacker ein. Es wurden die gegenüberliegenden Häuser und die Armenhausholzschuppen, welche letztere schon Feuer fing, in Angriff genommen und auch glücklicherweise erhalten. Was nach der außerordentlichen Windstille und dem großen Wasservorrat leichter möglich war. Die Aufstellung der Spritzen und zwar der Stadtspritze und der Landfahrspritze war an der Urlbrücke bei Ripka, die der Bahnspritze an dem Steg beim Armenhaus. Von den fremden Feuerwehren erschienen mit Spritzen zuerst die Greinsfurther mit 11 Mann. Die Viehdorfer, die Seisenegger, die Mauer-Öhlinger und die Zeilerner, Bemannung nicht bekannt. Die Feuerwehren von Ulmerfeld und Euratsfeld kamen ohne Geräte, da sie wegen der abgerissenen Ybbsbrücke nicht mit selben hierher konnten. Um etwa zehn Uhr nachts war alles so ziemlich zusammengebrannt, sodaß eine weitere Gefahr für die umliegenden Häuser nicht mehr zu Befürchten war. Worauf sich ein Teil der Feuerwehren zurückzog. Die Bahnfeuerwehr übernahm sodann die Feuerwache bis Mitternacht. Um zwölf Uhr nachts bis halb sieben Uhr früh hielt die Stadtfeuerwehr Feuerwache. Ebenso auch teilweise noch am Montag.

Hans Weißkopf, Schriftführer 

4. Bericht

Zu dem am 26.10.1899 um drei Uhr nachmittags von Ardagger telefonisch gemeldeten und herauf durch unseren Hornisten signalisierten Brand in Paulberg, Gemeinde Stift Ardagger, rückte unter dem Kommando des Hauptmann-Stellvertreters Kraschnigg und 8 Mann mit Landfahrspritze, 2 Mann per Rad und 1 Mann zu Fuß raschestens dahin ab. Blieben durch dreieinhalb Stunden in Tätigkeit und rückten um halb neun Uhr abends mit Geräten ein. Abgebrannt sind: zwei Wirtschaftshäuser, ein Kleinhaus, ein Stadel und ein Wagenschuppen. Bemerkung: Es konnte trotzdem so viele Feuerwehren anwesend waren, nicht viel ausgerichtet werden, da großer Wassermangel herrschte. 

Hans Weißkopf, Schriftführer